Lieber nackt als gar keine Masche by Schäfer Micaela & Micaela

Lieber nackt als gar keine Masche by Schäfer Micaela & Micaela

Autor:Schäfer, Micaela & Micaela
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-04-24T05:26:32+00:00


Kurze Röcke, lange Nächte

Nach meiner Beziehung mit Mike begann die große Zeit des Ausprobierens, des Testens und Experimentierens. Meine wilden, ausschweifenden Jahre. Zwischen 19 und 24 habe ich wirklich jede Menge Erfahrungen gesammelt. Wie ein Eichhörnchen. Eine Nuss, dann noch eine und noch eine – bis ich irgendwann leckeren Nusskuchen für vier Fußballmannschaften backen konnte. Während dieser Zeit habe ich mit bestimmt 50 Männern geschlafen – oje, nicht gerade wenig, wenn ich diese Zahl jetzt so auf dem Papier betrachte. Mit dreien von ihnen hatte ich eine Beziehung, die anderen waren eben … wertvolle Erfahrungslieferanten. Durch jeden einzelnen Mann habe ich mehr erfahren; habe gelernt, dass Sex aus Hunderten von Spielarten besteht, aus der richtigen Technik, aus erotischen Tricks, aus Psychologie. Ich habe neue Stellungen kennengelernt und Sex-Unfälle verursacht; ich war stark und schwach; ich habe geliebt, dominiert und verachtet. Und je mehr ich erlebte, je mehr Männer ich traf, desto höhere Dosen dieses großartigen, wundervollen Aufbau-Elixiers brauchte ich – schließlich garantierte Sex mir damals vor allem eines: Selbstbestätigung. Es war wie eine Sucht, wie ein unstillbarer Hunger. Wenn ich merkte, dass ein Mann mich attraktiv fand und begehrte, dann blühte ich auf, entfaltete meine Blätter, wurde schöner – und damit glücklicher. Mica, die Erotik-Göttin, die anbetungswürdige Königin horizontaler Freuden. Sex machte auch Spaß, klar. Doch in erster Linie war er ein Katalysator für mein Selbstwertgefühl; er bedeutete Macht, MEINE Macht. Na ja, jedenfalls dachte ich das damals …

Sehr kurze Röcke, sehr lange Nächte – ich war zu einem richtigen Partymädchen geworden. Mein bevorzugtes Jagdgebiet war die Berliner Szene. Dort tummelte sich ein schräg-buntes Feiervölkchen, ein aufregender Mix aus »Schön und reich«, aus Models, Künstlern und Medienmenschen. Hier ein Fest, da eine Vernissage, immer war irgendetwas los. Meistens feierten wir uns durch die angesagten Clubs der Stadt, zogen dank ausgiebiger Wodkabetankung mit Vollgas durch die Nacht. Vier, fünf Tage pro Woche ging das so, und nicht selten endeten diese Nightlife-Exzesse mit dem mehr oder minder spontanen Austausch von Körperflüssigkeiten. Wenn ich heute so zurückblicke, habe ich fast das Gefühl, dass es jeder mit jedem trieb. Und ich selbst kann mich da wohl nicht ausnehmen. Eine schnelle, ruppige Nummer in der schwarz gekachelten Toilette einer Bar; ein Partylöwe mit perlweißem Raubtiergebiss, von dem ich mich erlegen ließ; ein Eventmanager, der sich zum 30. Geburtstag einen Blowjob wünschte – und ihn auch bekam. Da gab es Jungs, denen musste ich nur eine SMS schicken, und eine Stunde später standen sie vor meiner Tür. Ich bin sogar so weit gegangen – zu meiner Verteidigung kann ich vielleicht anführen, dass diese Idee vom Gollum-Mädchen stammte –, auf dem Computer eine Liste mit meinen Sexpartnern anzulegen, die ich immer wieder aktualisierte. Welcher Mann konnte wie oft, wer hatte welche Vorlieben, bei wem fühlte es sich am besten an – solche Dinge waren da akribisch aufgeführt. Damals fand ich das toll. Heute denke ich: Was für eine postpubertäre Peinlichkeit! Mein kleiner elektronischer Vögel-Führer war natürlich total bescheuert.

Doch wie gesagt, es war eine wilde Zeit – in die auch der erste und einzige Sex-Unfall meines Lebens fiel.



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